17.11.2024 Vortrag zum Volkstrauertag
Schwieriges Gedenken
Der Volkstrauertag zwischen Kriegstotengedenken und kritischer Erinnerungskultur
Der Volkstrauertag hat inzwischen eine über 100 Jahre alte Geschichte. 1920 vom Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge zum Gedenken an die Toten des Ersten Weltkriegs initiiert, fand 1922 erstmals eine offizielle Feierstunde zum Volkstrauertag im Berliner Reichstag statt, ab 1925 gab es dann reichsweite Feierlichkeiten. Im Jahr 1934 erklärten die Nationalsozialisten den Volkstrauertag per Gesetz zum Staatsfeiertag und benannten ihn in „Heldengedenktag“ um.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs setzte sich der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge erneut für einen nationalen Gedenktag für die Kriegstoten ein. Im Bundestag gab es 1949 jedoch zunächst keine Zustimmung für einen nationalen Trauertag. Schließlich empfahl ein breites Bündnis von Politik und Kirchen den Bundesländern, den zweiten Sonntag vor dem ersten Advent als Volkstrauertag zu schützen.
Als Teil der bundesdeutschen Erinnerungskultur war der Volkstrauertag nie unumstritten. So wurde das langjährige unkritische Gedenken an die im Zweiten Weltkrieg „gefallenen“ deutschen Soldaten erst durch die Wehrmachtsausstellung des Hamburger Instituts für Sozialforschung 1995 nachhaltig aufgebrochen. Generell wurde die erinnerungs- und gedenkkulturelle Gleichsetzung von Opfern und Tätern der NS-Gewaltherrschaft immer wieder kritisiert. So forderte beispielsweise Eugen Kogon, Überlebender des Konzentrationslagers Buchenwald, ein „lügen- und mythenfreies Gedenken an die Toten“.
Der Politikwissenschaftler und Historiker Dr. Harald Schmid, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Bürgerstiftung Schleswig-Holsteinischer Gedenkstätten, beschäftigt sich in seinem Vortrag mit der Entstehung und Geschichte des Volkstrauertags. Er beleuchtet die geschichtspolitische Bedeutung des Tages und die mit ihm verknüpften erinnerungskulturellen Rituale und fragt nach der Zukunft des Volkstrauertags.
Der Vortrag ist eine Veranstaltung des Trägervereins der KZ-Gedenkstätte Kaltenkirchen zum Volkstrauertag und findet am Sonntag, den 17. November 2024 um 14.30 Uhr in der Gedenkstätte statt.
Ausschlussklausel:
Die Veranstaltenden behalten sich vor, von ihrem Hausrecht Gebrauch zu machen und Personen, die rechtsextremen Parteien oder Organisationen angehören, der rechtsextremen Szene zuzuordnen sind oder bereits in der Vergangenheit durch rassistische, nationalistische, antisemitische oder sonstige menschenverachtende Äußerungen in Erscheinung getreten sind, den Zutritt zur Veranstaltung zu verwehren oder von dieser auszuschließen.
Der neue Ausstellungskatalog ist da
Ausstellungskatalog zur neuen Dauerausstellung der KZ-Gedenkstätte Kaltenkirchen (Oktober 2024)
Die Dauerausstellung „Zum Beispiel Kaltenkirchen: Geschichte und Nachgeschichte eines KZ-Außenlagers“, die im Februar eröffnet wurde, erhält von den Besucherinnen und Besuchern der KZ-Gedenkstätte Kaltenkirchen viel Lob und Zuspruch. Seit vergangener Woche liegt nun der gleichnamige Katalog zur Dauerausstellung vor.
Auf 150 Seiten bildet der hochwertig gestaltete Band alle Ausstellungstexte in deutscher und englischer Sprache ab. Er dokumentiert die im KZ-Außenlager Kaltenkirchen verübten Verbrechen, schildert die historischen Rahmenbedingungen und gibt Opfern Namen, Biographien und Gesichter. Gleichzeitig informiert der Katalog anschaulich und detailliert über die politisch-gesellschaftlichen Auseinandersetzungen um den historischen Ort nach 1945 und beleuchtet die über 20-jährige Geschichte der KZ-Gedenkstätte Kaltenkirchen.
Zahlreiche Faksimiles historischer Dokumente und Fotos aus nationalen und internationalen Archiven sowie aus Privatbesitz sowie aktuelle Ansichten vom neugestalteten ehemaligen Lagergelände und der neuen Dauerausstellung runden den Katalog ab.
Fast 1000 Namen von Menschen, die im KZ-Außenlager inhaftiert waren, haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der KZ-Gedenkstätte Kaltenkirchen bisher herausgefunden. Im Mittelteil des Katalogs sind diese Namen übersichtlich zusammengestellt und dokumentiert. Wenn bekannt, sind auch deren Nationalität, Geburtsdatum und -ort, Sterbedatum und -ort sowie Häftlingsnummer aufgeführt.
Karin Prien, Ministerin für Allgemeine und Berufliche Bildung, Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Schleswig-Holstein, hat für den Katalog ein Geleitwort verfasst. Die Katalogtexte sind von Béatrice Busjan, der Kuratorin der Ausstellung, und von Dr. Tillmann Bendikowski geschrieben worden. Die redaktionelle Begleitung erfolgte durch Dr. Ulrike Jureit und Marc Czichy.
„Der Katalog bietet unseren Besucherinnen und Besuchern die Möglichkeit, die Ausstellungsinhalte und –themen mitzunehmen und z.B. zu Hause in Ruhe nachzulesen. Außerdem können so die Forschungsergebnisse der letzten Jahre auch denjenigen zugänglich gemacht werden, die vielleicht nicht vor Ort sind und die KZ-Gedenkstätte besuchen können“, erläutert Marc Czichy, der Leiter der KZ-Gedenkstätte Kaltenkirchen.
Der Katalog ist ab sofort an der KZ-Gedenkstätte Kaltenkirchen und im Buchhandel erhältlich.
Besuch von Ministerin Karin Prien auf der KZ-Gedenkstätte Kaltenkirchen
Am Freitag, den 16.08.2024, besuchte Karin Prien, Kultur- und Bildungsministerin des Landes Schleswig-Holstein, im Kontext ihrer Sommertour die KZ-Gedenkstätte Kaltenkirchen. Im Rahmen ihres Besuch informierten Gedenkstättenleiter Marc Czichy und Indre Schmalfeld, stellv. Vorsitzende des Trägervereins, die Ministerin und ihre Begleitung, die beiden Landtagsabgeordneten Ole Plambeck und Martin Balasus, über die Geschichte des KZ-Außenlagers Kaltenkirchen und den politisch-gesellschaftlichen Umgang mit dem historischen Ort nach 1945.
Ein Fokus lag dabei auf einem Rundgang durch die neue Dauerausstellung und einem Austausch über die Bildungs- und Vermittlungsarbeit an der KZ-Gedenkstätte. Außerdem unterrichteten Herr Czichy und Frau Schmalfeld die Ministerin und ihre Begleitung über zukünftige Projekte in den Jahren 2025 und 2026.
Ministerin Prien lobte die engagierte und ambitionierte Bildungsarbeit der Gedenkstätte: „In den vergangenen drei Jahren hat die KZ-Gedenkstätte Kaltenkirchen an entscheidenden Stellen – insbesondere im Bereich Bildung und Vermittlung – eine professionelle und dynamische Weiterentwicklung erfahren.“ Die neu konzipierte Ausstellung schaffe wichtige Grundlagen für die künftige Vermittlungsarbeit. „Die Demokratie ist darauf angewiesen, dass sich engagierte Menschen für Projekte der Aufklärung, der Menschlichkeit und der Freiheit einsetzen. Erinnerungskultur ist nicht nur Rückblick, sondern gerade in der aktuellen Lage ein wichtiger Beitrag zum Erhalt unserer freiheitlich demokratischen Gesellschaft.“
Indre Schmalfeld und Marc Czichy dankten Frau Prien für die verlässliche Unterstützung und für die umfangreiche finanzielle Förderung der KZ-Gedenkstätte Kaltenkirchen durch das Land Schleswig-Holstein.
Bildunterschrift für das Foto:
Vor dem Gedenkstättengebäude von links nach rechts: Martin Balasus, Karin Prien, Indre Schmalfeld, Ole Plambeck und Marc Czichy (Foto: KZ-Gedenkstätte Kaltenkirchen)
Besuch von Bischöfin Nora Steen auf der KZ-Gedenkstätte Kaltenkirchen
Am Donnerstag, den 27.06.24, besuchte Nora Steen, Bischöfin im Sprengel Schleswig und Holstein der Nordkirche, die KZ-Gedenkstätte Kaltenkirchen.
Im Rahmen des einstündigen Besuchs informierte der Gedenkstättenleiter Marc Czichy die Bischöfin und ihre Begleitung, unter anderem den Propst des Kirchenkreises Altholstein, Stefan Block, und Dr. Tilman Fuß, den Pastor der Ev.-Luth. Kirchengemeinde in Kaltenkirchen, über die Geschichte des KZ-Außenlagers Kaltenkirchen und die aktuellen Aktivitäten der Gedenkstätte. Ein Fokus lag dabei auf einem Rundgang durch die neue Dauerausstellung und über das neugestaltete Außengelände der KZ-Gedenkstätte.
Bischöfin Steen äußerte sich sehr lobend und anerkennend über die Entwicklung der KZ-Gedenkstätte in den letzten Jahren und über die hohe Qualität ihrer Arbeit, zumal im Bereich Bildung und Vermittlung.
Besuch der Amicale de Neuengamme
Besuch der französischen Amicale de Neuengamme auf der KZ-Gedenkstätte Kaltenkirchen
Am 28. Oktober 2023 erhielt die KZ-Gedenkstätte Kaltenkirchen Besuch von einer besonderen Reisegruppe aus Frankreich. Im Rahmen einer mehrtägigen Gedenkreise, bei der sie mehrere KZ-Gedenkstätten besuchten, die an ehemalige Außenlager des KZ Neuengamme erinnern und über deren Geschichte informieren, fanden 41 Mitglieder der Amicale de Neuengamme auch den Weg nach Kaltenkirchen.
Die Amicale ist die französische Sektion der Amicale Internationale KZ Neuengamme, des internationalen Zusammenschlusses der nationalen Organisationen der Überlebenden des KZ Neuengamme sowie deren Familien und Angehörigen, der 1958 gegründet wurde.
Die Amicale de Neuengamme selbst wurde bereits 1945 gegründet und führt neben vielen anderen Aktivitäten seit 1946 Gedenkreisen nach Neuengamme und zu Orten ehemaliger Außenlager durch.
Unter der Leitung von Jean-Michel Clère, dem aktuellen Präsidenten der Amicale, und Francoise Marchelidon, die sich um die Organisation der diesjährigen Reise gekümmert hatte, besuchte die Reisegruppe aus Nachkommen ehemaliger Häftlinge neben der KZ-Gedenkstätte Kaltenkirchen auch die nahegelegene Gräberstätte für Kriegsgefangene und KZ-Häftlinge in Moorkaten.
Die Begrüßung auf der KZ-Gedenkstätte erfolgte durch Hans-Jürgen Kütbach, dem Vorsitzenden des Trägervereins, und Gedenkstättenleiter Marc Czichy. Beide betonten in ihren Begrüßungsworten, dass der Besuch der Amicale für die Gedenkstätte einmal mehr eine besondere Verpflichtung sei, die Erinnerung an die Menschen, die im KZ-Außenlager Kaltenkirchen gelitten haben und ermordet wurden, wachzuhalten und deren Geschichte an die nachkommenden Generationen zu vermitteln. Jean-Michel Clère dankte in einem kurzen Redebeitrag allen an der Gedenkstätte tätigen haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiter*innen für ihr Engagement
Unter Begleitung von Gedenkstättenmitarbeiter Thomas Käpernick und von Marc Czichy sowie mit großer Unterstützung von Emilie Setzke, die dankenswerterweise als Dolmetscherin fungierte, unternahmen die aus ganz Frankreich angereisten Besucher*innen einen Rundgang über das ehemalige Lagergelände. Der Abschluss des Besuchs auf der KZ-Gedenkstätte bildete eine gemeinsame Gedenkzeremonie, bei der Vertreter*innen der Amicale und der Gedenkstätte an der Gedenksäule, die den Ort des ehemaligen Appellplatzes kennzeichnet, jeweils ein Blumengebinde hinterlegten.
Nach einer weiteren Gedenkzeremonie an der Gräberstätte in Moorkaten fuhr die Reisegruppe der Amicale weiter zur KZ-Gedenkstätte Neuengamme, die den Endpunkt der diesjährigen Gedenkreise bildete.
„Wir danken der Amicale – namentlich Francoise Marchelidon und Jean-Michel Clère – ganz herzlich für Ihren Besuch. Er ist uns großer Ansporn und Motivation!“, so Frauke Greuel, Vorstandsmitglied des Trägervereins.
Hier die Ansprache von Hans-Jürgen Kütbach in französischer Sprache:
"Chers membres et invités de l'Amicale, cher membres de la cooperation de Neuengamme,
Au nom du conseil d'administration de notre mémorial – en ma qualité de président – je voudrais vous accueillir chaleureusement. Je le fais également au nom de Frauke Greuel, membre de notre conseil, et de notre directeur, Marc Czichy, qui prendra la parole après moi.
Je suis heureux, que la visite – précédemment reportée en raison de circonstances défavorables – puisse avoir lieu aujourd'hui, ce qui témoigne également de votre reconnaissance envers notre travail. En effet, beaucoup de choses ont évolué sur le site de l'ancien camp de concentration satellite au cours des 23 dernières années.
Actuellement, nous sommes en train de rénover en profondeur l'exposition permanente créée à l'époque de la fondation, afin de faciliter l'accès à l'histoire d'avant 1945 pour les générations d'aujourd'hui et futures. C'est une tâche, à laquelle nous ne devons jamais nous lasser de nous atteler.
Ma génération est également investie d'une responsabilité particulière, car elle sera la dernière à avoir le privilège du contact direct avec les témoins de l'époque. Je cite à titre d'exemple votre compatriote Pierre Vignes, récemment décédé, en l'honneur duquel une rue a été nommée en présence de ses filles dans la ville Kaltenkirchen, pas loin d'ici. Ces petits et grands gestes de commémoration sont malheureusement plus importants que jamais à notre époque.
Je tiens à vous remercier chaleureusement pour la motivation que vous apportez à notre équipe permanente et à notre vaste cercle de bénévoles grâce à votre visite, et je vous souhaite une matinée intéressante dans notre mémorial. Merci."