Lesen Sie hier, wie nach dem Kriege die Spuren verschwinden und wie viele Jahre später durch hartnäckiges Nachforschen die Geschichte dieses Lagers dem Vergessen entrissen wurde und der Aufbau einer KZ-Gedenkstätte begann. Informieren Sie sich hier über die Gräberstätte Moorkaten und über das sog. Krankenlager Heidkaten
Spuren verschwinden
Nach 1945 legte sich über Kaltenkirchen der Schleier des Vergessens. Die Spuren verschwanden. Offensichtlich sollte die Erinnerung an das KZ-Außenlager in Springhirsch ausgelöscht werden.
Über das Lager legte sich der „Wald des Vergessens“. Selbst die Gräberstätte in Moorkaten, wo KZ-Häftlinge und russische Kriegsgefangene begraben lagen, trug die verschleiernde Inschrift „Kriegsgräberstätte“, was dem unkundigen Besucher suggerierte, hier seien Soldaten begraben. Auch die Exhumierung in Moorkaten 1951, die von dem ehemaligen KZ-Häftling Tackx im Auftrage der Französischen Regierung durchgeführt wurde, änderte an dem Vergessen in Kaltenkirchen nichts. Die Baracken des Lagers werden zunächst als Flüchtlingsunterkünfte und für eine Gaststätte genutzt und später restlos abgerissen.
Erste Erinnerungen
Eine vergessene Ruine
Im Frühjahr 1975, dreißig Jahre nach Kriegsende, erschien ein Artikel mit dem Titel: „Kaltenkirchens blutige Erde“ in der Kaltenkirchener SPD-Zeitung Info, der von Gerhard Hoch verfasst worden war. Von nun an begann das Werk der Aufklärung, denn Gerhard Hoch war von der leidenschaftlichen Absicht beseelt, gerade der jungen Generation den Zugang zu den zeitgeschichtlichen Vorgängen in der eigenen Region, also in und um Kaltenkirchen, zu eröffnen. Es gründete sich die „Historische Arbeitsgruppe“ unter der Leitung von Gerhard Hoch. Es folgten danach viele Publikationen, in denen schrittweise die Geschichte des Nationalsozialismus in und um Kaltenkirchen untersucht und die Ergebnisse ins öffentliche Bewusstsein gehoben wurden. Nach anfänglich großen Widerständen, die der Autor Gerhard Hoch bei seinen Recherchen und Publikationen erfuhr, wurden erste konkrete Schritte wider das Vergessen unternommen. Es kam 1978 zur Umgestaltung der Gräberstätte Moorkaten. Die irreführende Bezeichnung "Kriegsgräberstätte" konnte allerdings erst 1992 in "Gräberstätte für Kriegsgefangene und KZ-Opfer" korrigiert werden.
Krankenlager Heidkaten
An der Bundesstraße 4, dort wo jetzt die Bushaltestelle Heidkaten liegt, war bis 1984 eine vergessene Ruine, Reste der „Entlausungsanstalt“ eines Lagers für russische Kriegsgefangene zu finden. Die offizielle Bezeichnung „Erweitertes Krankenrevier des Stammlagers XA Schleswig, Zweiglager Heidkaten“ meinte ein Lager für kranke russische Kriegsgefangene, das von 1941 bis 1944 in Heidkaten existierte und in dem Tausende Gefangene an Krankheiten und Entbehrungen gestorben waren. Dieses Lager darf nicht mit dem KZ-Außenkommando Kaltenkirchen in Springhirsch verwechselt werden, das vom Spätsommer 1944 bis zum Frühjahr 1945 bestand. Freilich befand es sich weniger als zwei Kilometer weit davon entfernt. Die garagengroße Ruine, Reste der einstigen Entlausungsanstalt des Heidkatener Zweiglagers, wurde 1984 von Kettenfahrzeugen des Bundeswehrstandortes beseitigt, nachdem deren Bedeutung von Gerhard Hoch ins öffentliche Bewusstsein gehoben worden war.
Spurensuche am Ort des Lagers
In den neunziger Jahren kam es immer wieder zu einer Spurensuche. An der vermuteten Stelle wuchs ein „Wald des Vergessens“, nichts wies hier auf die Existenz des ehemaligen KZ-Außenkommando Kaltenkirchen in Springhirsch hin. Da wurde zufällig 1994 eine überwucherte Betonplatte im Waldboden gefunden. Dies führte zu einer systematischeren Suche und zur Entdeckung der Fundamente des Waschraumes und der Latrinengrube des Lagers.
Damit bot es sich naturgemäß an, an dieser Stelle eine KZ-Gedenkstätte Kaltenkirchen in Springhirsch zu errichten. Die Gedenkstätte entstand als das notwendige und folgerichtige Ergebnis des seit mehr als zwanzig Jahren bestehenden Willens, für die Jugend und für die breite Öffentlichkeit in der Region den eigenen zeitgeschichtlichen Hintergrund bewusst zu machen und wach zu halten, damit ähnliches Unrecht zukünftig niemals mehr angerichtet werden kann.
Auf dem Wege zur Gedenkstätte
Nach diesem Aufdecken erster Spuren beteiligten sich eine Reihe von Schulen der Nachbargemeinden an den Arbeiten zur Gestaltung einer Gedenkstätte. Die mündeten in sogenannte Schulpatenschaften, die die Gedenkstätte zu einem Lernort der Geschichte machten.
Am 5. Juli 1999 wurde mit Hilfe der Stadt Kaltenkirchen der „Trägerverein für die KZ-Gedenkstätte Springhirsch“ gegründet. Gerhard Hoch wurde Vorsitzender des Vereins. Am 30. April 2000 konnte die Gedenkstätte feierlich eröffnet werden. Seitdem befindet sie sich in ständigem Ausbau. So konnte Anfang Dezember 2002 eine umfangreiche Dauerausstellung von Bildern, Grafiken und Texten auf Wandtafeln der Öffentlichkeit präsentiert werden. Seit dem April 2002 ist das Dokumentenhaus für Besucher geöffnet.
Im Jahre 2002 verstärkte der Bildhauer Ingo Warnke die Aussagekraft der Gedenkstätte durch seine bildhauerischen Arbeiten. Am Ort des früheren Appellplatzes erhebt sich eine drehbare Steinsäule mit einer eingravierten Gedichtstrophe von Stephan Hermlin.
Die Gräberstätte Moorkaten
Im Wald von Moorkaten ca. 3 km südöstlich der Gedenkstätte an der L210 (Betonstraße) liegt die Gräberstätte Moorkaten. Hierher führte damals die "lange Tour" des von Richard Tackx angeführten Beerdigungskommandos. Hier sind also viele Verstorbene des ehemaligen Lagers begraben, aber sie ruhen zusammen mit zahlreichen sowjetischen Kriegsgefangenen eines anderen, wenige Kilometer südlich von Springhirsch gelegenen ehemaligen Lagers: "Erweitertes Krankenrevier des Stammlagers XA Schleswig, Zweiglager Heidkaten".
Jahrzehnte lang wurde die Gräberstätte unter der irreführenden Bezeichnung "Kriegsgräberstätte" geführt. Erst in den neunziger Jahren konnte der heutige Name "Gräberstätte für Kriegsgefangene und KZ-Opfer" gegen Widerstände durchgesetzt werden. Die Gräberstätte ist würdig gestaltet, gepflegt und mit einer informierenden Gedenktafel ausgestattet.